SBK073 Übersetzer

Von fremden Sprachen, Machtzentren und Rissen im System

Veröffentlicht am 17.07.2016
Laufzeit: 1 Stunde und 24 Minuten



ÜbersetzerSo ganz einfach ist die neue Folge nicht zu betiteln: Vordergründig geht es um den Beruf, den Wolfgang Hornig einmal gelernt hat, aber bereits da verliefen die Dinge anders, als geplant. Warum er Übersetzer für Russisch und Serbokroatisch wurde und wie sich sein Dienst für das Ministerium des Innern gestaltete, das erzählt er zu Beginn der Folge. Danach steigen wir ein in eine Diskussion um die Ecken und Kanten des Systems, welche Verläufe sein berufliches Leben dann weiter nahm und wir diskutieren darüber, was man aus der Geschichte lernen kann – und was nicht. Ein Gespräch, das zu Diskussion einlädt – wir freuen uns über Eure Kommentare.

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Martin Fischer
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Wolfgang Hornig

37 Gedanken zu „SBK073 Übersetzer

  1. Habe gerade die Folge gehört und bin entsetzt darüber, dass ein Zusammenhang zwischen der Pegida und den Protesten rings um das Ende der DDR hergestellt wird.
    Ja, vielleicht ist die kritische Masse über die allgemein Unzufriedenen bei den Protesten 89 über diese unzufriedene Mehrheit hergestellt, aber diese beiden Bewegungen auch nur in einen Zusammenhang zu bringen, macht mich sehr wütend. Vermehrt habe ich zusätzlich in den letzten Wochen Forderungen von Seiten ehemaliger Ostler (eigentlich will ich diese Unterscheidung nicht mehr, aber ich sehe in diesem Zusammenhang keine andere Möglichkeit), die Mauer doch besser wieder aufzubauen, läßt mich ratlos zurück.
    Wie schnell vergessen Menschen, was war und projizieren ihre eigene Untätigkeit und Unzufriedenheit in staatliche Systeme. Wer wirklich meint, die Situation vor 89 in der DDR war vergleichbar mit der aktuellen, hat in meinen Augen vollkommen aus den Augen verloren, welche Möglichkeiten und Chancen er in Deutschland, als Bestandteil der EU hat.
    Auch die Vergleiche mit dem BREXIT machen mich eher noch wütender. Wer die Entwicklung in der UK verfolgt hat, weiß, dass z.B. die Einsparungen im Gesundheitssystem nichts mit der EU zu tun hatten. Das populistische Politiker diese Zusammenhänge formulierten und keine der aktiven politischen Parteien den Mut aufbringen konnte, das Gegenteil darzulegen, ist das eigentlich Schlimme.
    Ganz ehrlich, wer lieber in der ehemaligen DDR leben will, soll es tun. Ich finde, dafür sollte die BRD jederzeit ein Stück Land zur Verfügung stellen. Ich bin mir sicher, Überwachung, Planwirtschaft und die Gängelung anders Denkender, kriegt diese Menschengruppe ganz gut hin.
    Wer aber für die Rechte, die er in der BRD hat, für die Chancen, die dieses Land zusammen mit der EU bietet kämpfen will, sollte dies tun in den unzähligen politischen Möglichkeiten, die sich ihm bieten. Und nicht nur auf die da Oben schimpfen, sondern aktiv werden.
    Zu guter Letzt das Thema Flüchtlinge. Nein, es liegt nicht an der Ungerechtigkeit bei der Zuteilung von Flüchtlingen, dass Unmut in der Bevölkerung entsteht. Es liegt daran, dass scheinbar viele Menschen nicht mehr in der Lage sind, Mitgefühl für fremde Menschen zu empfinden. Wer allen Ernstes meint, dass Deutschland der Belastung durch die Flüchtlinge nicht gewachsen ist, scheint die Leistungsfähigkeit Deutschlands sehr schlecht einzuschätzen.
    Dieses Land hat es 1989 geschafft, 16 Millionen Menschen aufzunehmen, ihre komplett maroden Wirtschaftsunternehmen so weit möglich zu sanieren und dafür zu sorgen, dass niemand aus dieser Bevölkerungsschicht Hunger leiden mußte.

    Ich weiss, dass diese Aussage sehr provokant ist, aber dieses Mimimi – uns geht es ja so schlecht – gerade aus dem ehemaligen Osten – ist nicht mehr zu ertragen.

    • Lieber Chris, vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar, dessen Analyse ich mich gern anschließe! Ich wünsche keinem, dass er nochmals in der DDR leben oder Flüchtlingserfahrungen machen muss – und hoffe, Einsicht und Vernunft setzen sich auf lange Sicht durch.

    • vor allem wird gleich wieder darauf eingeschlagen dass man ja nicht alle Leute Nazi oder Rechtsradikal nennen könne.

      Klar kann man das. Nur dass es viele sind, ist halt überhaupt kein Argument dagegen dass ihre Ansichten radikal unseren Grundwerten und den Menschenrechten entgegen stehen.

      Auch dieses „Die Leute sind unzufrieden mit der Politik“ finde ich albern.
      Klar sind die Leute das. Aber sie sind auch gleich so oberflächlich dass sie genau den gleichen Versprechungen der gleichen Hetzer weiter hinterher laufen. Pegida und AfD erzählen doch nichts anderes als das was der rechte Rand innerhalb von CDU/CSU schon seit Jahrzehnten predigt. Vlt. noch mit etwas FDP-Liberallallalalismus alá „Steuern Senken!“ und co.

      Es geht halt nicht um Inhalte oder darum dass die Leute wirkliche Probleme haben, wenn dem so wäre, würden die Leute versuchen etwas zu ändern – das tun sie nicht. Sie versuchen bestenfalls die „gute alte Zeit“, die nie so existiert hat wie in der Erinnerung der Leute, zu erhalten.

      Wir haben zugelassen dass Fremdenfeindlichkeit und Populismus auf Stammtischniveau die aktuelle Politik bestimmen. Und jetzt fliegt uns das um die Ohren.

      Der Vergleich mit der DDR, in der Meinungen gegen den Staat unterdrückt wurden, hinkt. So sehr dass wir eigentlich eher ein komplett gegensätzliches Problem haben.

      • Ich finde auch, dass eher eine Beschäftigung mit den Inhalten weiter führt – verbunden mit gleichzeitiger Wachsamkeit gegenüber Augenwischerei. Da ich es aktuell wieder einmal gelesen habe, empfehle ich auch hier wieder einmal eines meiner Lieblingsgedichte von Erich Kästner „Denn ihr seid dumm“ – aktuell wie nie!

    • Ich sehe das so, dass es ein Punkt ist den man unbedingt mit ins Kalkül ziehen muss, dass eben NICHT alle Menschen an der Integration von Geflüchteten mitarbeiten wollen – sondern ganz im Gegenteil: Sich hartnäckig dagegenstellen. Manche, wenn es sein muss mit aller Kraft. Nicht wenige wollen sogar den Bürgerkrieg (lieber, als alles zu versuchen, solche Massen an geflüchteten Menschen zu integrieren). Die Menschen und ihre Charaktere und ihre ganz individuellen Geschichten und Biographien sind nunmal leider ein limitierender Faktor. Ich denke, wenn die Menschen real alle so wären (Geflüchtete wie „Alteinwohner“) wie du sie dir wünschen würdest, dann könnten wir auch den Sozialismus (demokratischer Natur, wie z.B. versucht zu Anfang der UDSSR, in den 70zigern in Chile oder dann unter Gorbatschow. Leider fanden diese Versuche des demokratischen Sozialimus nie alle Menschen auf der Welt gut – so dass alle diese Projekte von denen mit Gewalt zum Scheitern gebracht wurden … )

    • Wie der Interviewte auch gleich der EU noch mit den schwarzen Peter zuschiebt fand ich schon erstaunlich. Leider sehr typisch für den gegenwärtigen Diskurs in der Gesellschaft.

      Dies aber insbesondere unter dem Argument der Ressourcenknappheit zu tun, also zu sagen dass die EU zu teuer sei und deshalb diese Gelder in Deutschland an anderer Stelle fehlen, finde ich einfach absurd. Es offenbart ein völliges Missverständnis von ökonomischen Tatsachen und der Funktionsweise der EU im allgemeinen. Ebenfalls heutzutage weit verbreitet.

      Deutschland profitiert als europäisches Mitgliedsland am meisten vom gemeinsamen Markt. 2016 konnten deutsche Unternehmen Rekordgewinne abrufen. Der weitaus größte Teil der Waren des Exportweltmeisters werden im europäischen Ausland verkauft. Die EU trägt somit also entscheidend zur Wirtschaftskraft Deutschlands bei.
      Die Frustration verschiedener Gruppen in Deutschland hängt doch vielmehr damit zusammen, dass sie gefühlt wenig Aufstiegschancen haben um ihren Lebensstandard zu verbessern oder zu halten. Das sind wiederum Fragen die die Sozial- und Wirtschaftspolitik betreffen. Diese wird jedoch in Deutschland und nicht auf europäischer Eben festgelegt.

      Ist die EU perfekt? Natürlich nicht. Ich würde mir aber wünschen dass das Thema Europäische Union allgemein ein wenig mehr Sachlichkeit in der öffentlichen Diskussion erfährt und differenzierter betrachtet wird.

  2. Hallo Martin,

    eine echt tolle Folge. Danke; auch an Deinen Gespächspartner.

    Deine Vorbemerkungen fand ich auch gut.

    LG

    Peter

  3. Hallo,
    mir hat die folge gefallen. nach dem hören habe ich den titel allerdings anders verstanden. nämlich nicht „jetzt höre ich etwas über das fachliche was zb in die richtung geht wie die folge über russisch und die russischen brieffreunde“ sondern über die Person die Übersetzer war und welche dinge ihm eingefallen sind. Wie gesagt mir hat die folge gefallen und ich will hier in keinster weise einfluss auf den inhalt nehmen (wenn ich das überhaupt könnte) ich möchte lediglich sagen das ich etwas anderes erwartet habe zb das bezug auf die sprache genommen wird und ältere folgen. den inhalt der folge fand ich interessant weil er zumindest bei mir die frage aufgeworfen hat wie ich gehandelt hätte. grade der anfang mit der studienwahl zeigt finde ich ganz gut wie man „seinen weg finden musste“
    ich finde es wichtig in der art wie ihr es getan habt über die vergangenheit zu reden da es eben nicht nur um harte fakten geht sondern eben auch um eindrücke von bürgern der ddr.
    vielen dank 🙂

    • Lieber cyrnic,
      mit dem Titel habe ich mich auch sehr schwer getan. Es war keine monothematische Sendung und dennoch sind hier die einzelnen Aspekte nicht losgelöst voneinander zu betrachten. Hier stand mehr der Lebensweg im Vordergrund und es sollte eine Entwicklung aufgezeigt werden. Am Format feile ich ja immer ein bisschen, das war mal ein weiterer Versuch – in der Betitelung muss ich dann noch präziser werden.
      Beste Grüße
      Martin

  4. Lieber Martin,

    vielen Dank für den interessanten Podcast. Herrn Hornigs Rückblick auf seinen Werdegang, die Jahre als Übersetzer und die DDR sind sehr spannend und informativ. Auch – oder gerade weil – Du am Anfang der Sendung erwähnst, dass Du deine Gespräche eher als Zeitzeugengespräche denn als kontroverse Diskussionen siehst, möchte ich seine Meinung jedoch an einer Stelle stark in Frage stellen.
    Er sieht große Ähnlichkeiten an geäußerter Kritik an Politik und Verhältnissen in der DDR mit den Positionen der AfD und der FPÖ heute. Damals hatte es schwerwiegende Folgen und die Politiker hätten die Kritik nicht ernst genommen. Heute würde man durch Kritik an der Flüchtlingspolitik in eine rechte Schublade gesteckt und auch nicht ernst genommen. Darüber hinaus behauptet er, wenn ein Drittel der Österreicher FPÖ wählte, wären das somit keine Rechten sondern Sorgen der Bevölkerung. Das möchte ich nicht unwidersprochen lassen.

    1. Negative Folgen aufgrund öffentlicher Kritik in der DDR waren dem System inhärent. Es war nicht möglich grundsätzliche Kritik zu üben, ohne Gefahr zu laufen nach oben verpfiffen zu werden, nicht zum Studium zugelassen zu werden, seinen Job zu verlieren oder sogar ins Gefängnis zu kommen. Herr Hornig mutmaßt selber, dass eine Kritikfähigkeit der „großen Fragen“ in der DDR kaum möglich war. Auch wenn man diese Behauptung in letzter Zeit oft hört, heutzutage ist das nicht mehr so. Der Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland und unsere Rechte als Bürger der Europäischen Union erlauben Kritik. Sie erlauben dir zu demonstrieren, die Regierung zu kritisieren, zu wählen, Petitionen einzureichen, deine Meinung öffentlich kundzutun, Parteien zu gründen und Verbesserungen vorzuschlagen. Niemand muss heute um den Beruf oder seine individuelle Freiheit fürchten, wenn er Kritik übt.

    2. Wenn man heutzutage die Flüchtlingspolitik in Frage stellt, kann man das öffentlich tun, man kann sogar Alternativen vorschlagen. Eine Klassifizierung als Rechter oder Nazi hat damit erst einmal garnichts zu tun. Diese erfolgt eben nicht durch „die da oben“, durch das politische System oder den „Apparat“. Es gibt keine geheimnisvollen Strippenzieher im Hintergrund, die deine Kritik als rechts einstuft. Das verantwortest Du schon selbst. Das erfolgt durch die Gesellschaft, durch die Sozialwissenschaft, durch die öffentliche Debatte und die Medien. Die Behauptung, man würde sofort als Nazi abgestempelt, hört man zwar oft. Ich interpretiere sie aber mal als Opferrolle gegen „die da oben“ oder gegen „die etablierten Parteien“. Ungeachtet dessen zeichnen sich Nazis und Rechtsextremismus nun mal durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen aus. Wenn man diese (auch tendenziell) vertritt, muss man auch damit leben Nazi genannt zu werden.

    3. Die damalige Unzufriedenheit in der DDR mit den heutigen Pegida- oder AfD-Umtrieben zu vergleichen, nur weil sie sich „das Volk“ nennen und Volksvertreter semantisch ja nichts gegen Populismus haben dürften, halte ich für überheblich. AfD und Pegida sind nicht „das Volk“. Das Volk fußt auf einer gemeinsamen historischen Verantwortung und dem Grundgesetz. Das Volk ist die Idee eines gewissen gesellschaftlichen Konsenses. In der Praxis haben wir dafür derzeit nur die rechtsstaatliche Demokratie parat, die mit Mehrheitsverhältnisse Menschen in Parlamente entsendet, um dort Gesetze zu verabschieden und Regierungen zu bilden.

    4. Herr Hornig behauptet weiterhin, die Politikverdrossenheit entstünde dadurch, dass „die Politiker“ nicht mehr zuhören und einen legitimen Populismus nicht ernst nehmen. Ohne jetzt bestehende Kommunikationsprobleme unter den Teppich zu kehren oder diesen Berufsstand über einen Kamm zu scheren: Die machen größtenteils einfach nur ihren Job. Viele wären überrascht, wie transparent die Politik ist, wenn man einfach bei seinem Abgeordneten anruft oder eine ordentliche Mail schreibt. Wer unzufrieden ist, kann Gegen- oder Verbesserungsvorschläge machen, kann wählen oder eben im Rahmen des Rechtsstaates auf die Straße gehen. Wir leben nun aber zugleich auch in einer komplizierten Welt, in der einfache Lösungen zwar attraktiv wirken, aber selten sinnvoll sind. Auf einen vermeintlichen Sündenbock zu zeigen hilft garnichts.

    Die DDR hat uns vieles gelehrt, aber ganz sicher nichts um Umgang mit heutigen Rechtspopulisten.

    Schöne Grüße.

    • Lieber Micha1860,
      vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar und die sehr differenzierte Analyse. Du hast sehr gut zusammengefasst, was auch mich bewegt.

  5. Ich kann mich den Ansichten von Micha1860 und chrischris nur anschließen. Für mich war dieser Folge ein Tiefpunkt im Podcast Staatsbürgerkunde. Die Meinung des Herrn Hornig zur AFD und Pegida bleibt unklar. Wenn man nur von Unzufriedenheit redet und nicht sagt wohin man will, braucht man sich nicht zu wundern, wenn man in die rechte Ecke gedrückt wird.

    Man kann so etwas nicht unkommentiert versenden. Das Vorwort bringt da leider gar nichts. Wenn die eigene Meinung konträr zu den Thesen des Interviewpartners steht, muss man das auch sagen, oder das Interview nicht veröffentlichen.

    • Als Tiefpunkt würde ich die Folge nicht bezeichnen. Und sie nicht zu veröffentlichen wäre meiner Meinung nach keine Lösung. Die Geschichte des Interviewpartners war doch durchaus spannend. Auch wenn er oftmals leider nur sehr schwammig blieb, waren die Einblicke auf die Sowjetunion, sein beruflicher Werdegang und selbst die kurzen Hinweise zur Ministerialverwaltung der DDR interessant und informativ.

      Zugleich gebe ich dir recht, daß die Folge durchaus ein paar Fragen aufwirft. Vielleicht könnte Martin an mancher Stelle doch ein bißchen vehementer moderieren. Andererseits mochte ich in anderen Gesprächen oft auch den Erzählfluß und die offene Gesprächsart. Selbst in dieser Folge vermochte mich Herr Hornig durch seine Erzählweise durchaus zu fesseln. Leider eben nur bis min 40:43…

    • „Tiefpunkt“ finde ich auch nicht passend…
      Fernab von den Erinnerungen an den Alltag in der DDR der früheren Episoden, die sicher leichter zu verdauen waren, zeigen diese Gespräche jetzt, welche Spuren das Leben unter den damaligen Bedingungen hinterlassen hat. Natürlich sind die Ansichten von Herrn Hornig nicht allein auf die Erlebnisse in der DDR zu schieben, aber die Erlebnisse scheinen doch seine Sicht auf die heutige Situation zu bestimmen. Diese Nachwirkungen sollte man nicht ignorieren und verschweigen, wie es der Fall wäre, wenn man das Gespräch nicht veröffentlicht hätte.

      Ich würde SBK ja auch eher der „Oral History“ zuordnen als einem Diskussionsformat. Dabei liegt der Fokus auf dem „Sprechen lassen“ von Zeitzeugen, um es als Quelle für Rückschlüsse zu nutzen.

      Wie man die Veröffentlichung kommentiert ist dann die wichtigere Frage und den Einspieler am Beginn der Episode empfand ich als wichtig und richtig. Auch die Diskussion hier direkt bei der Episode, die überraschend gesittet geführt wird (für „das Internet“) ist ein wichtiger Zusatz.

      Viele Grüße

      • Der Einspieler zu Beginn hat mich eher verwirrt, als das er mir geholfen hat. Wer die Folgen dieses Podcasts gehört hat weiß woran er ist. Wer natürlich nur diese Folge hört, dem bringt der Einspieler vielleicht etwas.

        „Oral History“ ist ein gutes Stichwort. In dieser Folge wurde DDR-typisch zwischen den Zeilen gesprochen. Das versteht ein „Wessi“ wie ich
        natürlich falsch.

        @Micha1860
        Ich bin nicht der Meinung, dass Martin seinen Stil ändern sollte. Die Gespräche können nur gelingen, wenn man die Leute frei reden lässt.

        Wenn sich Martin aber das gesamte Interview nachher anhört und das Gespräch zu sehr abgeschweift, kann er auch auf die Veröffentlichung verzichten. Schneiden wäre die andere Alternative.

        Beides ist nicht gerade nett für den Interviewpartner.
        Der sollte aber auch darauf vorbereitet sein, dass er ggf. seine Zeit verschwendet hat.

    • Lieber Bernhard K., ich habe mich – wie bemerkt – sehr über die Folge aufgeregt. Aber ich finde nicht, dass sie einen Tiefpunkt darstellt. Im Gegenteil finde ich es super, dass Martin sich getraut hat, diese Folge zu machen. Und die Kommentare hier machen ja auch eine Menge Mut. Die Folge macht nur sehr sehr deutlich, wie weit weite Teile der Gesellschaft – vor allem im Osten, aber ganz bestimmt nicht nur – von der Realität entfernt sind. War doch alles gut damals (Mal abgesehen von der Situation anders Denkender, Christen, … aber das war ja nicht mein Problem)! So! Und jetzt wurde wieder einmal deutlich, dass wir und die Politik (womit ja eigentlich auch wieder wir gemeint sind) dringend anfangen müssen darüber zu reden, was wollen wir, wie erreichen wir das, wo ist die rote Linie, die wenn überschritten keine freie Meinungsäusserung mehr zulässt,…
      All diesen Menschen scheint eine Vision zu fehlen, wie wir in Zukunft leben wollen und dann fallen sie auf solche Populisten rein. Auf Angstmacherei statt Mutmacherei.
      Merkels das schaffen wir, war ein ganz kurzes Aufflackern einer solchen Vision und was ist davon über nix! Kleingeredet, Marginalisiert und relativiert.
      Gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir Gesellschaft und Politik, die sagt: Bis hierher und keinen Schritt weiter! Und unser Ziel ist da, folgt uns und es wird funktionieren. Leider sehe ich davon aktuell nichts.
      Danke Martin für Deinen Mut!

      • Danke für Eure gute Diskussion. Ich überlege, wie ich in Zukunft mit solchen Themen umgehe, vielleicht mit einer Art Zwischen- oder Schlusskommentar zur Folge. Stellung beziehen und den Gesprächsfluss am Laufen halten, dabei die „reine“ Dokumentation von Zeitzeugen – ich werde versuchen, dass weiterhin unter einen Hut zu bringen.

  6. Danke für das aufschlussreiche Interview! Es ist Schade, dass Herr Hornig keine Antwort für viele Probleme sieht. Ich arbeite auch innerhalb von, aus meiner Sicht, verkrusteten staatlichen Strukturen. Lösungen für Probleme zu finden ist gar nicht so schwierig. Emanzipation ist immer möglich, auch wenn man als Einzelperson oder auch mit Mitstreitern nicht so weit kommt wie man gerne möchte. Herr Hornig tendiert dazu, seine Verantwortung an andere abgeben zu wollen, aber so erstreitet man keine demokratischen und sozialen Rechte. Es gibt in seinem Arbeitsbereich sehr gelungene und positive Beispiele in Deutschland, die neue Impulse für andere Einrichtungen geben können. Wir bleiben jedoch generell betrachtet hinter unseren Möglichkeiten zurück, was humanitäre Hilfe angeht. In vielen Städten werden Überkapazitäten in der Flüchtlingshilfe aufgrund einer Abschottungspolitik wieder abgebaut. Die Resultate sind offensichtlich. Mehr Menschen unter schrecklichen Bedingungen in Lagern ohne Perspektive. Mehr ertrinkende Menschen im Mittelmeer.

    • In dem Zusammenhang finde ich auch Angela Merkels Motto „Wir schaffen das!“ eine positive Sichtweise – es setzt erst mal voraus, dass es geht und dann kommt ein Denkprozess in Gang, der ganz anders verläuft, als wenn die Aussage gelautet hätte „Wie können wir das schaffen?“. Danke für Deinen Kommentar!

  7. Es ist schon etwas skurril wenn Herr Hornig neurechte Bewegungen zur Stimme des Volkes stilisiert. Das ist eine klassisch rechtspopulistische Strategie deren Konsequenz immer der Ausschluss und die Abwertung von Menschen ist. Eigentlich Schade für jemanden mit so viel Lebenserfahrung in verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Systemen.
    Trotzdem interessantes und aufschlussreiches Interview!

    • Die Verbindung zur Bürgerrechtsbewegung der DDR habe ich auch nicht erkannt, im Gegenteil. Pegida und AfD gehen nicht für die (eigene und fremde) Freiheit auf die Straße, sondern für die Erhaltung eines obskuren Status Quo, der so gar nicht existiert (hat).

  8. Lieber Martin,

    erst einmal herzlichen Dank für dein unterhaltsames und lehrreiches Programm im Allgemeinen und bei dieser Sendung im Besonderen dafür, dass du auch kritische Vergleiche mit der Gegenwart zulässt.

    Die in den Kommentaren teilweise formulierten Forderungen nach Zensur oder Haltung-zeigen-und-an-den-Pranger-stellen à la Reschke halte ich für schädlich für eine Debattenkultur. Die Tatsachenaussage von Herrn Hornig (sinngemäß: „Damals wie heute interessieren sich die Politiker in Verantwortung nicht genügend für die Interessen des Volks“) ist ja nicht dadurch falsch, dass man ihnen eine Nähe zu AfD oder Pegida attestiert oder – noch kurioser – dass man sich über sie aufregt. Für tendenziell differenzierter halte ich den Beitrag von Micha1860 auch wenn ich zu bedenken gebe, dass keine im Bundestag vertretene Partei, die Kritik großer Bevölkerungsteile an der Flüchtlingspolitik artikuliert und zudem AfD-Mitgliedern berufliche Nachteile drohen (siehe AWO). Was mir bei den Kommentaren fehlt ist eine Antwort auf die Frage: Wie kann man die Tatsachenaussagen von Herrn Hornig widerlegen, zum Beispiel durch Umfrageergebnisse? Hier wird’s nämlich schwierig und uneindeutig: Die Umfragen zeigen zwar einen großen Rückhalt der etablierten Parteien im Allgemeinen, in Sachfragen (wie eben der Flüchtlingspolitik) widerspricht die Mehrheit der Bevölkerung der gegenwärtigen Politik und sieht die Folgen dieser Politik als Gefahr.

    Insgesamt halte ich für die Aufgabe einer Demokratie, dass widerstreitende Meinungen in einer Debatte gegeneinander antreten und die Meinung mit mit den besseren Argumenten gewinnen möge. Diese Debatte wird erschwert und verzerrt, wenn man eine Meinung als dumm, rechtsextrem oder beides bezeichnet.

    Ein Vorschlag für Martins Interviewtechnik: Frage doch das nächste Mal nach Begründungen und Beispiele: Hier blieb Herr Hornig ja etwas schwammig. Und insbesondere für den Podcast interessant, was die nicht nur die Gemeinsamkeiten sondern auch die Unterschiede zwischen der damaligen und der heutigen Situation sind. Die Meinung kann sich dann ja jeder selber bilden. Ich bin sehr froh und dir sehr dankbar, dass du sie uns hier nicht eintrichterst. Staatsbürgerkunde als Oase in der Wüste der politischen Indoktrination – wer hätte das gedacht 😉

    • Lieber Norbert Z,

      1. Wie kommen Sie darauf, daß die Mehrheit der Bevölkerung in Sachfragen „der gegenwärtigen Politik“ widerspricht und sogar eine Gefahr sieht? Sie behaupten weiter, es handele sich um eine Tatsache, daß die Politiker in Verantwortung sich nicht für die Interessen des Volkes interessieren. Dies begründen Sie mit dem Hinweis auf Umfragen. Wenn sie mit „Mehrheit der Bevölkerung“ und „dem Volk“ ebenso AfD und Pegida meinen, wäre das überheblich. Selbst wenn diese die Meinung „des Volkes“ verträten, begründete dies nicht ihre These. Zeigen Sie mit bitte eine seriöse Umfrage, die in mehreren Sachfragen die AfD vor anderen Parteien oder meinetwegen der Regierung zeigt. Als seriös betrachte ich dabei im Übrigen weder Russia Today noch Facebook oder wütende Nachrichtenblogs.

      2. Sie beschreiben die Demokratie als Widerstreit zwischen Argumenten und den Sieg der besseren Argumente. Zum Glück ist dies in Deutschland nur ein Teil der Wahrheit. Denn widerstreitende Argumente sind erst einmal nicht vereinbar. Aufgabe unserer Demokratie ist daher auch der abwägende Konsens und der Rechtsstaat. Vor vielen Jahren erwies sich ein reines Mehrheitsprinzip als wenig konstruktiv. Die „gegenwärtige Politik“, die Sie so kritisieren, wird repräsentiert durch das gewählte Parlament und die Regierung. Wenn Sie persönlich generellen Anstoß an den sogenannten „etablierten Parteien“ nehmen, tun Sie das. In einem Rechtsstaat ist es ihr gutes Recht die AfD zu wählen. Dennoch denke ich, daß sich diese Partei höchstens zur „Volksstimme“ abseits der Politik stilisiert. Einen tragfähigen Konsens bietet sie nicht einmal im Ansatz oder abseits des Lärms in den Landtagen, wo sie die Chance hätten, konkrete Vorschläge zu machen. Sie kann gut auf alle anderen zeigen, Antworten auf unsere Zeit bietet sie indes keine.

      3. Sie deuten mit „Wüste der politische Indoktrination“ an, daß die öffentliche Debatte gezielt angegriffen wird und keine freie Meinungsäußerung zulässt. Bitte begründen Sie diese Behauptung. Wenn Sie ein Argument darlegen, wäre dies übrigens ein Paradoxon. Vielleicht verwechseln Sie den Begriff aber auch mit der „Haltung“, die Sie zuvor anscheinend kritisieren.

      4. Lesen Sie bitte noch einmal die bisherige Debatte. Niemand spricht Ihnen ab, die Flüchtlingspolitik zu kritisieren. Tun Sie dies. Machen Sie Vorschläge, liefern Sie die von Ihnen angekündigten besseren Argumente, beteiligen Sie sich an Diskussionen, gehen Sie wählen oder demonstrieren. Ich erwarte nicht, daß Sie die freiheitliche Ordnung unserer Gesellschaft und unseres Rechtsstaates verteidigen werden. Aber machen Sie es sich dabei bitte nicht zu einfach. Angesichts des Anlasses dieser Diskussion, die DDR, wäre dies mehr als zynisch.

      • Lieber Micha1860,
        erst einmal danke für deine Replik. Was wäre eine Diskussion ohne eine gegenteilige Meinung? Ich gehe gern auf deine Punkte ein, muss aber vorausschicken, dass es hauptsächlich Klarstellungen meines ursprünglichen Kommentars sind. Ich hatte den Eindruck, nicht richtig verstanden worden zu sein. Hier gab es wohl ein Sender-Empfänger Problem. Im übrigen ziehe ich ein „du“ vor, da wir hier auf Vornamenbasis miteinander schreiben.
        ad 1) Zunächst einmal zum Begriff „Tatsachenaussage“. Ich verstehe darunter eine Aussage über einen Sachverhalt. Diese Aussage kann wahr oder falsch sein. Meine Kritik bezog sich darauf, dass Herrn Hornigs Aussage „Damals wie heute interessieren sich Politiker in Verantwortung nicht genügend für die Interessen der Bevölkerung“ nicht dadurch wiederlegt wird, dass man emotional reagiert („Ich habe mich […] sehr über die Folge aufgeregt.“ Chrischris1968, 23.7.16) oder dass Zensur gefordert wird („oder das Interview nicht veröffentlichen“ Bernhard K. 20.7.16). Als zulässig würde ich das Argument anerkennen, dass in freien und geheimen Wahlen, die Mehrheit der Wahlberechtigten die etablierten Parteien wählen und es also so schlimm nicht sein könne. Dieses Argument wurde aber außer von dir, glaube ich, gar nicht in den Contra-Hornig-Beiträgen gebracht. Das war auch mein Tipp für Martin, Herrn Hornig nach Belegen und Beispielen zu fragen. So standen Herrn Hornigs Aussagen ja etwas schwach dar. Die Umfragen auf die ich mich beziehe stammen aus dem Herbst letzten Jahres (13.11.15) des Politbarometer des ZDF, das ja nun keine besonders kritische Haltung gegenüber dem Merkel-Regime einnimmt. Dort widersprach eine – zugegebener Maßen knappe – Mehrheit (50% vs 47%) der Aussage, dass Deutschland die vielen Flüchtlinge verkrafte. Diese Umfrage spricht für die Aussage Herrn Hornigs. Es wäre interessant zu sehen, wie die Stimmung heute ist, aber falls ich richtig informiert bin, hat das Politbarometer diese Frage seitdem nicht mehr gestellt.
        Im übrigen stellst du hier unnötigerweise einen AfD-Bezug her. Dass die Mehrheit hinter der AfD stünde habe ich nie behauptet und es wäre naiv, das zu behaupten.
        ad 2) Ich gebe dir Recht, dass in Deutschland neben dem Mehrheitsentscheid, in wichtigen Fragen ein Konsens angestrebt wird und der Rechtsstaat der Regierung Schranken aufweist. Lass es mich also spezifizieren: Konsens setzt voraus, dass vorher eine engagierte Debatte geführt wurde. Das Argumentationsniveau und die Aussicht auf einen Konsens steigen nicht, wenn man eine Haltung in dieser Debatte als „rechtsextrem“, „dumm“ oder beides bezeichnet.
        In diesem Punkt stellst du wieder unnötigerweise einen AfD-Bezug her und zwar durch Spekulationen über mein Wahlverhalten und die Konsensfähigkeit der AfD. Ersteres tut aus naheligenden Gründen hier nichts zur Sache und letzteres habe ich nicht behauptet. Die AfD kann ja offenbar nicht einmal innerhalb der Partei einen Konsens erreichen. Freie und geheime Wahlen sind eine schützenswerte Errgungenschaft und ich habe nicht behauptet, dass unser Wahlrecht aktuell gefährdet sei. Meine Kritik bezog sich auf die politische Debatte jenseits der Wahlkabine.
        ad 3) Politische Indoktrination bedeutet nicht, dass keine abweichenden Meinungsäußerungen zulässig sind. Natürlich kann ich meine Meinung frei äußern. Zum Beispiel in diesem Kommentar. Mit politischer Indoktrination meine ich, dass Schulen, Universitäten und Medien eine tendenziöse Haltung einnehmen. Die WDR-Journalistin Claudia Zimmermann sagte ja mal: „Wir sind natürlich angewiesen, pro Regierung zu berichten“. Sie widerrief die Aussage später und meinte sie etwas verwirrt gewesen. Der Widerruf wunderte mich mehr als ihre ursprüngliche Aussage, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk ja toujours „pro Regierung“ berichtet und hetzt. Unvergessen ist hier die werte Frau Reschke, wie sie letzten Sommer zum An-den-Pranger-stellen aufrief. So eine Gehirnmassage ist auch naheliegend, will man diese Mammutsaufgabe Flüchtlingskrise irgendwie bewältigen. Aber es ist eben politische Indoktrination.
        ad 4) Du bittest mich, die bisherige Debatte zu lesen. Hab ich gemacht. Keiner spricht mir das Recht ab, die Flüchtlingspolitik zu kritisieren. Ich habe mir auch noch einmal meinen Kommentar durchgelesen und festgestellt, dass ich weder die Flüchtlingspolitik kritisiere noch behaupte, dass ich die Flüchtlingspolitik nicht kritisieren darf. Ich habe – und hier wiederhole ich mich – kritisiert, dass auf Herrn Hornig teilweise nicht mit Sachargumenten eingegangen wurde, sondern moraliserend-emotional und dass dies in größerem Rahmen auch im gesellschaftlichen Diskurs stattfindet. Die vielen anderen differenzierteren Beiträge in diesem Forum stellen meines Erachtens eine rühmliche Ausnahme dar.
        Die seltsamste Aussage kommt ganz am Schluss und wirft noch einmal ein Licht auf die Schieflage der derzeitigen Debatte. Ich trete dafür ein, dass Herr Hornig seine Meinung frei äußern kann und dass sie als Debattenbeitrag anerkannt werden sollte. Und dann unterstellst du mir, dass ich nicht für den Rechtsstaat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintrete? Der Vorwurf ist anmaßend und absurd. In diesem Vorwurf zeigt sich genau die von mir kritisierte Haltung, diejenigen, die Gegenpositionen zur aktuellen Flüchtlingspolitik einnehmen (wobei ich ja noch nicht einmal die Gegenposition vertreten habe, sondern nur Sympathie für jemanden, der sie vertritt), als Feinde der Demokratie darzustellen. Das sind sie – größtenteils – nicht, nur eben anderer politischer Ansicht. Das zeigen beispielsweise die Untersuchungen des Politikwissenschaftlers Patzelt, der die PEGIDA-Anhänger in regelmäßigen Abständen untersucht.
        Und dann will ich auch mal kritisch zu deinem ursprünglichen Beitrag Stellung nehmen:
        I) Du behauptest, dass keine berufliche Nachteile drohen, wenn man Kritik äußert. Es drohen sehr wohl berufliche Konsequenzen, wenn man Kritik äußert. Prominentes aktuelles Beispiel ist die Androhung der AWO AfD-Mitglieder zu entlassen. Ein etwas älteres Beispiel ist der Radikalenerlass, der tausende Beamte traf.
        II) Du behauptest, dass man Kritik an der Flüchtlingspolitik äußern kann, ohne als Nazi bezeichnet zu werden. Ich habe das anders erlebt. Wenn ich beispielsweise behaupte und belege, dass muslimische Migranten schwulenfeindlicher sind als Bio-Deutsche und dass eine Zuwanderung von Muslimen eine Gefahr für die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in Deutschland darstellt, droht eine unsachlich-emotionale Debatte. Ich habe es noch nie erlebt, dass jemand versucht, meine Aussage als sachlich falsch darzustellen und dies gut begründen kann.
        III) Du behauptest, dass „das Volk“ nicht gleich der AfD-Anhängerschaft ist. Da stimme ich dir zu. Aber ich habe nicht gehört, dass Herr Hornig das behauptete.
        Um abschließend wieder den Bogen zum eigentlichen Thema des Podcasts zu spannen, möchte ich Martin noch einmal für die spannenden Erlebnisberichte vor allem mit seinen Eltern danken, die mir immer wieder zeigen, wie wichtig eine freie und faire politische Debatte ist.

        • Vielen Dank für Eure Kommentare – bevor die Diskussion aber noch detaillierter wird 😉 und vielleicht auch damit nicht erhellender, nehme ich auf jeden Fall mit, dass die Rückfragen mit der Bitte um die Faktenlage ein guter Ansatz sein könnte oder zumindest der Aufhänger, eine Gegenposition zu vertreten. Danke für Eure zwar hitzige, aber dennoch inhaltlich nachvollziehbare Diskussion.

  9. Hallo Martin
    Erst einmal einen herzlichen Dank für diesen tollen Podcast. Ich nehme die aktuelle Folge zum Anlass mich nach ca. 1-2 Jahren Hörgenuss endlich mal mit in Diskussionen einzuklinken.

    Zuerst möchte ich auch noch einmal unterstreichen, dass ich wie die meisten hier begrüße, dass allzu „herausfordernde“ Gegenfragen nicht Teil des Gespräches sind. Das liegt zum einen daran das es den Interviewpartner eher einschüchtert oder verärgert und somit sicher die Qualität des Interviews leidet, zum anderen mag ich auch subjektive „Geschichten“, die mir mehr Zugang zum erlebten und Der Geschichte geben.
    Einzige Möglichkeit (die sicher auch spannend wäre) sehe ich in einer Reihe „Staatsbürgerkunde Kontrovers“ (mit Kenntnis/Einwilligung des Interviewpartners etc.), aber ich finde das jetzige Format schon spannend genug.

    @Thomas
    Ich finde deine Beobachtung sehr interessant, auch da du das Wort „stilisiert“ benutzt. Weil gerade dieses Wort finde ich eine Nuance zu übertrieben (liegt es an mir oder meiner Sozialisation?!).

    Ich nehme Herrn H. zumindest ab das er auch nicht genau einordnen kann warum und weshalb die Leute gerade so auf afd, pegida usw. abfahren, aber Fakt ist doch die Leute sind unzufrieden. Ob berechtigt oder unberechtigt kann man ja erstmal außer Betracht lassen.
    Das Problem das die Leute gerade umtreibt (neben ihren eigenen, um die sie sich mehr sorgen sollten) ist so eine diffuse Angst vor Migranten/Migration und den möglicherweise daraus entstehenden Problemen (neben Globalisation und all den anderen Dingen die sie nicht verstehen)
    Ich kann aber nicht so ganz begreifen warum
    A.) Die Chancen und Möglichkeiten einer pluralistischen Gesellschaft und dem was bisher erreicht wurde nicht viel effizienter gewürdigt wurde. Es müsste gerade im Osten irgendwie mehr Druck ausgeübt werden sich auch zu begegnen und nicht nur übereinander zu reden wie meist. Mit Druck meine ich z.B. Fanfeste im Sport, Konzerte, Stadtteilbegegnungen etc. Damit wird man zwar keinen Nazi umstimmen, aber es gilt eben die Angst von den Leuten abzubauen die eben genau zu Pegida gehen und von sich selbst behaupten „Das wird man ja wohl nicht sagen…“.
    B.) Die Leute brauchen mehr Bildung, um zu erkennen das sie eigentlich auf der Gewinnerseite des Lebens stehen, auch mit Hartz4. Sie begreifen gar nicht das sie mit ihrer Händearbeit niemals im Stande wären sich den Reichtum aufzubauen den die meisten hier haben. Und mit Reichtum meine ich so Dinge wie soziale Absicherung, Krankenversicherung, Infrastruktur und auch den Konsum der Güter den die meisten besitzen. Die Leute denken das wäre so billig weil die Produktion so optimiert wäre. Tja, wie man es halt sieht?!…
    C.) Und es wäre schön wenn die Leute sich auch wieder mehr Gedanken darüber machen was sie wollen (Stichwort Visionen in Politik&Gesellschaft) und was sie nicht wollen (Stichwort freie Gesellschaft etc). Was soll es den bringen die Tür zu verschließen (vor Migraten, Europa, der Welt aber auch seinem Nachbarn). Spaltung hat in den wenigsten Fällen der Geschichte zu etwas gutem geführt.

    Ansonsten Danke nochmal für die tollen Casts!

    • Lieber egal,
      danke für Deinen Kommentar – „Staatsbürgerkunde Kontrovers“ versuche ich mal ansatzweise bei ähnlichen Themen einzuflechten, mal schauen, wie das gelingt. Deine Punkte finde ich allesamt sehr gut ausgeführt und die Sichtweise sehr schön – die Vision einer glücklichen Zukunft, so kitschig das auch klingen mag, fände ich auch wieder erstrebenswert. Realpolitik kann der Weg dahin sein, aber Begeisterung muss der Antrieb sein.

  10. Danke für die erneute tolle Folge, Martin. Der Inhalt ab ca. Minute 40 hat mich ähnlich entsetzt wie die Gespräche mit Familienmitgliedern, die ähnlich wie Dein Gast denken. Ich begreife nicht, wie man so die heutige Situation in Deutschland mit der Situation in der DDR gleichstellen kann (Vergleiche sind natürlich erlaubt). Warum denken Menschen so?

    Ich denke, jeder Mensch in Deutschland kann sich politisch und sozial einbringen, wenn er denkt, dass etwas nicht richtig läuft und er/sie etwas geändert haben möchte. Warum machen diese negativ denkenden, und eine Krise herbeiredenden Menschen dies nicht?

    Viel zu oft werden mir auch gar keine konkreten Dinge genannt, die in Deutschland so fundamental falsch laufen. Unkonkrete Aussagen, wie: „Unser Grundstückspreis sinkt durch das Asylbewerberheim in der Nachbarschaft, wenn wir unser Haus mal verkaufen wollen.“ – Dabei gibt es gar keine Pläne, das Haus zu verkaufen. „Die nehmen uns unsere Rente weg“ – Sagt jemand mit 1200 € Rente, der mit 63 in den Ruhestand gegangen ist, dessen Frau mindestens so viel bekommt, wenn sie in 2 Jahren mit 63 in Rente geht und ein abbezahltes Haus mit einem Riesengrundstück besitzt. „Man kann sich abends ja gar nicht mehr trauen, in der Stadt herumzulaufen“ – Keine erhöhte Anzahl von Angriffen, Überfällen, Belästigungen oder dergleichen zu finden. Da müssten die Medien auch mal viel konkreter normalen Menschen nachfragen, statt Gauland, Storch oder Petry eine Plattform für ihre häufig der Nazi-Zeit entlehnten Sprache und Thesen zu bieten.

    Wenn die meckernden Mitmenschen mal sehen würden, wie gut es ihnen wirklich geht (auch schon im Vergleich mit anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel hier in Großbritannien) und sie ihre Energie in konstruktive Veränderungen ihres persönlichen, gesellschaftlichen oder politischen Umfelds einbringen würden, wäre dem Land und den Menschen viel mehr geholfen.

    Also, liebe „besorgte Bürger“: Überlegt Euch konkret, was Euch so besorgt und wo es Euch schlecht geht und setzt Euch im Diskurs mit Euren Mitmenschen persönlich dafür ein, dass es besser wird. Dann wird es allen besser gehen.

    • „Ich begreife nicht, wie man so die heutige Situation in Deutschland mit der
      Situation in der DDR gleichstellen kann (Vergleiche sind natürlich erlaubt).
      Warum denken Menschen so?“

      Hier meine Sicht als die eines „zugezogenen Wessis“, der die letzten sieben Jahre in Sachsen gelebt hat. Gleich vorne weg, ich will nur aufzeigen, was ich seit 2014 immer wieder gesehen habe und nicht sagen, dass ich das in irgend einer Weise unterstütze.

      Zur Einordnung, ich habe die letzten sieben Jahre in einer Kleinstadt im Erzgebirge verbracht und dabei viele Kontakte mit ganz normalen Leuten genküpft, auch zu einigen, die in der DDR aufgewachsen sind und die zur Wende so um die 20 waren. Da sind welche darunter, die 89 auf die Straße gegangen sind und teilweise sind das genau dieselben, die heute zu Pegida gehen, da gibt es nichts zu beschönigen.

      Diese Leute fühlen sich von der aktuellen Politik übergangen und sehen niemanden, der sich für sie einsetzt. Zudem haben sie – ob berechtigte oder nicht – Angst, dass zur Finanzierung der Flüchtlinge wieder dem ärmeren Teil der Bevölkerung, also ihnen, in die Tasche gegriffen wird. Bis jetzt habe ich nicht gesehen, dass irgendjemand ernsthaft versucht, diese Ängste rational zu entkräften, stattdessen werden solche Sorgen sofort mit Fremdenfeindlichkeit und tatsächlich fremdenfeindlichen Äußerungen vermischt.

      Ich kenne zum Beispiel einen, der hatte zur Wende gerade seine Ausbildung abgeschlossen und angefangen, in einer Papierfabrik zu arbeiten. Die Firma wurde von der Treuhand abgewickelt und er war bis 2010 arbeitslos, trotz aller Bemühungen, einen neuen Job zu finden.
      Nach unzähligen Umschulungen und Maßnahmen hat er jetzt eine Anstellung und darf eine Nachtschicht nach der anderen fahren, weil alle anderen Mitarbeiter wegrationalisiert werden…

      Dieser Mann ist am Anfang auch zu Pegida gegangen, nicht, weil er etwas gegen Ausländer hätte, sondern weil er der Meinung war, dass das die einzige Möglichkeit für ihn wäre, seinem Ärger in irgend einer Weise politisch Luft zu machen. Er ist der Meinung, dass die Bundesregierung zur Finanzierung der Flüchtlinge demnächst irgendwann die Sozialleistungen
      weiter kürzen wird, und wenn man sich die Sozialpolitik seit der Agenda 2010 ansieht, dann ist das zumindest keine vollkommen unberechtigte Sorge. Dass auf diese Sorgen überhaupt kein Bezug genommen wird, ist, was diese Menschen dazu treibt, Parallelen zur DDR zu ziehen,
      weil sie ihre Ansichten als unterdrückt empfinden.
      Das ist zwar nur ein Einzelschicksal, aber solche Lebensläufe findet man hier zuhauf.

      Der einzige Weg, mit solchen Leuten umzugehen, ist meiner Meinung nach, sich endlich sachlich mit deren Positionen auseinanderzusetzen, anstatt immer nur über sie zu reden und anzuerkennen, dass es vielen von denen wirklich nicht gut geht, anstatt zu versuchen, die Gegenseite mit einer emotionalisierten und moralisierenden Debatte zu ersticken, indem
      man sie mit den Nazis gleichsetzt.

      Übrigens war ich in der letzten Zeit häufiger in BaWü unterwegs. Die Leute dort auf dem Land ticken ziemlich ähnlich, obwohl es den meisten objektiv besser geht, als den ehemaligen Ostlern. Seltsamerweise regt sich über die Fremdenfeindlichkeit der Leute im Ländle aber niemand auf…

  11. Lieber Martin,

    Ich fand das einen der gelungensten Podcasts überhaupt in „Staatsbürgerkunde“. Mir persönlich kommen die geäußerten Meinungen des Herrn Hornig ausgesprochen durchdacht vor. Und ich hätte nicht gedacht, dass so viele andere das soooo schlimm fanden. Das Vorwort fand ich trotzdem notwendig – nicht wegen diesem Podcast – sondern wegen ganz anderen … Z.B. gab es da mal einen mit jemandem – ich glaube, der war Schutzpolizist zu DDR-Zeiten und hat durchscheinen lassen, dass er seinen Job zu DDR-Zeiten praktisch immer prima, gut, harmlos, … und in keiner Situation politisch ernsthaft kontrovers zu sehen fand – aber dann, nach der Wende, konnte er es wegen der Politik und der (laut seinen Aussagen wohl einfach schwerst-kriminellen, und nicht hilfe-suchenden) Flüchlingen nicht mehr ertragen Polizist zu sein und hat gekündigt … Wenn man mich dagegen jetzt fragen würde, wie ich rate, dass Herr Hornig in der praktischen Flüchtlingshilfe ist, dann würde ich sagen: Ich rate, dass er ziemlich involviert und engagiert ist. Trotzdem können es zu viele Flüchtlinge für das „Haus Deutschland“ sein. Und ich befürchte, es sind zu viele. Ich rate: Das wird noch Probleme hier im Land geben. Weil „wir“ es eben nicht „schaffen“ werden. Das ist zumindest möglich … Auch deswegen, weil man eben damit rechnen muss, dass z.B. Kommunalpolitiker (wie alle anderen Politiker) viele große und oft auch peinliche Fehler machen. Und weil alle Menschen Fehler machen. Weil alle Menschen ihre eigenen Ansichten haben, usw. usw. usw.

  12. Ach ja: Ich finde, dass Herr Hornig als Interviewpartner mindestens noch einen weiteren Potcast wert ist! Z.B. glaube ich, dass er noch viel interessantes zu erzählen hat über die Zeit die er im Ausland verbracht hat. Oder konkret über seine Arbeit in den beiden Ministerien … Wir haben ja immer nur den Mangel erlebt – aber er weiß vielleicht noch vieles darüber, was da konkret gemacht wurde – wie der Mangel zustande kam … Warum und Wie wurde z.B. soviel Rotkäppchen-Sekt produziert, wo der doch wirklich nur unter der Ladentheke zu kaufen war? Wie waren da die größeren Zusammenhänge – und wie hat man sich gefühlt, wenn man sie wußte? Oder auch die Zeit nach der Wende? Wie wurde sein Institut abgewickelt? War es allen einsichtig, dass das so passieren musste oder gab es da Verdacht auf kriminelle Machenschaften? Oder: Wie war die Nachwendezeit in der Flüchtlingshilfe? Was hatte er damals für Erlebnisse mit den ganzen (klein) kriminellen Schlägertrupps und Naziz, die wie Pilze aus dem Boden schossen – und mit der lokalen Politik? Und den Geflüchteten natürlich … Wo kam das braune Gedankengut her und warum waren so viele Straßen und Plätze für alle älteren oder Schwächeren und viele Menschen, die irgendwie anders waren, kein sicherer Platz mehr? Ich hatte so jetzt vom Podcast her den Eindruck, dass Herr Hornig ein sehr interessanter Interviewpartner ist, weil er sich wirklich genau überlegt, was er sagt und wirklich vieles weiß und abwägt … Aber es ist gut möglich, dass mein Eindruck da völlig falsch ist … Ich höre ihn ja nur und sehe ihn nicht mal.

  13. Zu Deiner Einleitung: Ich fand es immer gut, dass Du zuhörst, gelegentlich präzise nachfragst aber NIEMALS Deine Zeitzeugen belehrst, rundmachst oder ihnen über das Maul fährst. Ich schätze SBK dafür, dass es ohne Groll oder oberlehrerhafte Überheblichkeit auskommt, denn das macht SBK zu einem dokumentarischen Projekt, welches man auch dann noch hören kann, wenn sich unser Gesellschaftmodell schon lange weitergewandelt hat. Ich brauche keine Erinnerung, welche Ideologie zur Zeit zufällig gerade vorne liegt, ich will wissen, wie es in einem _wirklich fremden Land_ war, deshalb höre ich gerne SBK.

  14. Ich durfte diese Folge gestern abend und heute morgen auf dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit hören.

    Es war sehr kalt (-2 bzw -6 Grad) und ich konnte mich nicht entscheiden, ob einige Ansichten und Äußerungen Herr Hornings mir noch weiter das Blut in den Adern gefrieren lässt oder ich mich so aufregen muß, daß mir richtig warm wird. Details spare ich mir hier – das aufzuschreiben oder zu online zu diskutieren ist mir gerade meine Lebenszeit zu schaden.

    Eine schreckliche Folge. Insgesamt betrachtet die, die mir bis jetzt wenigsten Gefallen hat.

    Ich lege keinen Wert darauf, daß Herr Horning noch mal bei SBK auftauscht.

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